In Indonesien fürchten sie Hunde

Bevor wir aufbrachen, lernten wir unseren Guide Ollis kennen. Er kommt von der Insel Flores und ist seit einigen Monaten im Rinjani Mountain Garden beschäftigt. Neben drei weiteren Gästen sollte uns ach Rocko begleiten. Den großen weißen Labrador, lernten wir bereits bei unserer Ankunft kennen und nach einigem Zögern nahmen wir ihn mit. Ich wunderte mich gleich darüber, dass unsere Guide und Toni sich nicht ganz einig darüber waren ob dies eine gute Idee sei. Rocko machte einen sehr artigen Eindruck auf mich. Er bellte nie, hörte auf Kommandos und war ein sehr gechillter Hund, der gerne mit uns auf der Sonnenliege döste. Natürlich war er super aufgeregt, als er mitbekommen hatte, dass er mit auf Tour darf und lief mit wedelndem Schwanz hin und her.

Der Weg durch die Reisterrassen war spektakulär. Ollis führte uns über sehr dünne Pfade direkt zwischen den Reisterrassen hindurch. Wir trafen öfters auf Frauen die mit wedelnden Tüten und selbst gebauten Vogelscheuchen immer wieder versuchten Vögel und Libellen vom Reis fernzuhalten. Sie waren sehr freundlich, halfen uns dabei den Weg zu finden und boten uns an in einer der Hütten eine Pause zu machen. Immer mehr merkten wir, wie sehr sich die Indonesier von denen in den Touristenregionen unterscheiden.  Je weiter wir uns von touristischen Regionen wegbewegten, desto authentischer wurden die Erlebnisse die wir machten. Klar weiß man das eigentlich, aber es ist trotzdem schön diese Erfahrung auch wirklich zu machen. Als einziger Tourist an fremden Orten zu sein ist schön, was man sich dabei im vorhinein nicht denkt, ist aber, dass man in diesen Regionen auch immer mehr zum Außenseiter wird. Nach einer dreistündigen Wanderung erreichten wir den Ort Senaru. Wir gingen ein Stück die Straße entlang und merkten wie komisch uns die locals beäugten. Manche standen sogar auf und zeigten mit dem Finger auf uns. Die meisten Gesichter waren sehr ernst und einige schrien uns etwas von vorbeifahrenden Rollern hinterher.

Ziemlich schnell wurde klar, dass nicht wir, sondern Rocko die Blicke der Einheimischen auf sich zog. Wir fragten den Guide, warum die Leute den Hund nicht mögen und er erzählte uns, dass dies mit dem islamischen Glauben zu tun habe. So wie ich das verstanden habe, sind Hunde haram. Übersetzt ins Deutsche entspricht es am ehesten dem Begriff Tabu. Hunde säubern sich nicht selbst (im Gegensatz zu Katzen) und werden so als unreine Tiere angesehen. Sobald Hunde (oder ihrer Haare) einen Moslem oder seine Kleidung berühren, darf dieser nicht beten, bis seine Kleidung und sein Körper rituell gereinigt wurden. Nach der Auffassung im Islam betreten Engel auch keinen Raum, indem sich ein Hund aufhält. Auch der Besitz von Hunden ist zwar zu landwirtschaftlichen Zwecken (als Jagd- oder Hirtenhund) erlaubt, jedoch als reines Haustier nach den Lehren des Koran verboten.

Weiß man dies, kann man sich vorstellen wie die größtenteils muslimischen Einheimischen auf unseren großen weißen Begleiter reagierten. Kinder, Frauen, große starke Männer und auch ältere Indonesier machten einen riesen Bogen um uns. Saß Rocko auf einem Weg, war dieser für alle anderen unpassierbar. Ging er auf einem schmalen Pfad, so drängten sich die einheimischen soweit sie konnten an die Seite und hofften, dass wir schnell vorbeigehen würden. Hinzu kam, dass die meisten Hunde in Indonesien eher klein sind. Allein von der Existenz eines so großen Hundes hatten die meisten sehr große Angst – oder zumindest großen Respekt. Der arme Rocko tat mir unheimlich leid, weil er so ein lieber Zeitgenosse ist und so viel Angst und Verachtung entgegengebracht bekam. Natürlich kann man aber die Sitten in einem fremden Land nicht einfach ignorieren und hier das tierliebende europäische Maß anlegen. Jeder den wir getroffen haben war zwar im ersten Moment erschrocken, hat sich dann aber respektvoll uns und Rocko gegenüber verhalten.

Nachdem wir uns den Weg durch den Dschungel gebannt hatten, erreichten wir endlich den Wasserfall und sprangen in das eiskalte Wasser. Wir füllten damit unsere Bäuche und Flaschen und machten uns eine halbe Stunden später auf den Heimweg. Roland holte uns mit dem Geländewagen ab, wir nahmen alle auf der Ladefläche Platz, fuhren durch die Stadt zurück und blickten in erstaunte Gesichter. Ollis erklärte uns das Verhalten der Einheimischen so: Stellt euch einfach mal vor, ihr spaziert durch eure Stadt und auf einmal fährt ein großer weißer Geländewagen an euch vorbei. Auf der Ladefläche stehen fünf riesige Somalier, die bis an die Zähne bewaffnet sind und in der Mitte sitzt ein großer weißer Tiger namens Rocko.

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