Am nächsten Morgen wachten wir etwas groggy auf. Der Dieselgenerator lief die ganze Nacht und wir konnten beide nicht schlafen. Zum Glück ließ bereits der Blick aus dem Fenster unserer Kajüte Kummer und Sorgen verblassen. Der Sonnenaufgang in der Halong Bucht ist unschlagbar. Wir schipperten ein Stück weiter, stiegen wieder in die Kajaks und fuhren vorbei an Fischerdörfern zu einer sagenhaften Höhle, die wir auf eigene Faust erkunden konnten. Die sogenannte virgin cave dient den Fischern als Schutz vor Tsunamis. Mehr als nur einmal rettete diese Höhle dutzenden von Menschen das Leben. Danach ging es noch an einen einsamen Strand und wir konnten noch einmal durch die Gegend schwimmen. Das Boot brachte uns zurück zur Anlegestelle in Halong und wir fuhren mit dem Minibus und einem Teil der Gruppe zur Hafenstadt Cai Rong. Von dort aus ging es mit einem kleineren Boot durch die Bai Tu Long Bay. Wir hielten bei einer Fischfarm und durften ein weiteres Mal durch die Gegend kajaken. Angélique und ich sind nicht zum Kajakfahren geboren. Wir schaffen es nicht gerade aus zu fahren, geben uns immer gegenseitig die Schuld daran, schreien uns an, werden müde und schleppen uns mit letzter Kraft irgendwie wieder zurück zum Boot. Auch dieses Mal bogen wir mit letzter Kraft nach bereits einer Stunde Gepaddel übers Meer um die Ecke eines der riesigen Kalkfelsen. Nur das diesmal kein Boot mehr da war. Unser Guide und die meisten aus der Gruppe hatten keine Lust mehr auf Kajaken und zeigte zuvor nur die Richtung in die wir fahren sollten. Zwei Mädels aus unserer Gruppe sind ziemlich früh wieder abgedreht und zurückgefahren, während zwei Männer mit kräftigen Paddelschlägen bald aus unserer Sicht verschwanden. Wir saßen also kraft- und orientierungslos in unserem Kajak und diskutierten über unsere Möglichkeiten. Sollen wir versuchen gegen die Strömung zurück zu paddeln, trotz der Gefahr, dass unsere Kraft nicht mehr für den einstündigen Rückweg reicht? Sollen wir weiter geradeaus paddeln, obwohl wir uns dadurch noch weiter verfahren und vom Boot entfernen könnten? Oder sollen wir in einer der kleinen Sandbuchten anlegen und warten bis ein Fischerboot vorbeifährt um uns irgendwie zu helfen. Was würdet ihr tun?
Wir entschlossen uns für das weiterpaddeln geradeaus und als wir geschlagene dreißig Minuten und eine gefühlte Ewigkeit später unser Boot gesichtet hatten, habe ich mir vor Erleichterung fast in die Hosen gemacht.
Der geheime Strand auf Quan Lan
Das Boot brachte uns zur Anlegestelle der Insel Quan Lan. Wir verluden unser Gepäck auf ein TukTuk und es raste mit uns durch die Nacht zu unserer Unterkunft. Hier erlernten wir auch zum vierten Mal die – groß als local cooking class angekündigte – Herstellung von Frühlingsrollen. Nach dem Abendessen gingen wir völlig erschöpft ins Bett. Die Tage waren kurz, ereignisreich und forderten ihren Tribut. Am nächsten Morgen starteten wir den Tag mit einer Fahrradtour auf der Insel. Eine surreale Kulisse tat sich vor uns auf. Wir fuhren auf breiten staubigen Straßen über die sich ein wolkenbehangener grauer Himmel wölbte. Unzählige LKW`s kamen uns entgegen und streuten staubigen Sand in unsere Augen. Riesige Baumaschinen standen an den Straßenseiten, die den umliegenden Felsen mit Gewalt ihre Schätze abrangen und zwischen ihnen wühlten sich dunkelgraue Wasserbüffel durch die karge Landschaft. Es gab nicht viel zu sehen und so fuhren alle ziemlich schnell. Blieb einer stehen um eine Foto zu machen, fiel er sofort um 500 bis 800 Meter zurück und musste kräftig in die Pedale treten um den Anschluss zu finden. Ohne Vorwarnung hielt unser Guide an der Straßenseite und lief über mehrere Haufen Geröll, Bausand und Beton in Richtung einer Baumreihe. Sichtlich irritiert folgten ihm die ersten aus der Gruppe ohne genau zu wissen wo es hingeht bis er sich umdrehte und einen Satz sagte, mit dem ich niemals gerechnet hätte: „Follow me to the beach.“
Na dat wird ja n doller beach sein, dachte ich mir, als ich meinen Fahrradhelm abnahm und mir den Schweiß aus dem Gesicht wischte. Außer uns waren auf der ca. 30 minütigen Fahrradfahrt weder Touristen noch Einheimische zu sehen, die irgendwie danach aussahen, als verberge sich hier ein Strand in der Nähe. Angélique und ich stampften durch den Bauschutt vorbei an rostigem Metall und ich war froh über die Tetanusimpfung, die uns unsere Hausärztin vor unserer Reise in den Arm gerammt hatte. Wir zwängten uns durch die Baumreihe und meine Kinnlade klappte herunter. Vor uns breitete sich ein paradiesischer Sandstrand aus. Weit und breit und menschenleer. Bisher kannten wir diesen Anblick nur von den von uns über alles geliebten Küsten im Westen von Dänemark und die nordische Briese die auch hier wehte, schien uns beide gleichzeitig an diesen Ort zu katapultieren. Der Sand ist so fein wie Mehl und unheimlich rein. Ein paar verlassene Fischerboote lagen im Sand und es fühlte sich so an, als hätte niemals zuvor eine andere Menschenseele dieses schöne Fleckchen Erde betreten. Wir spazierten umher und erkundeten die Gegend. Zum Baden war es durch die dichten Wolken und die frische Brise leider etwas zu kalt an diesem Tag. Aber Angélique ließ es sich trotzdem nicht nehmen und wagte sich freudestrahlend in die schwappenden Wellen. Ich stiefelte lieber am Strand entlang und genoss die Meeresbriese. Leider mussten wir ziemlich schnell diesen wunderbaren Ort verlassen und wieder zurück zu unserem Boot radeln.
Ein großer Nachteil einer geführten Tour, der uns immer wieder ärgert sind die Zeitpläne, die sich Reiseagenturen auf dem sprichwörtlichen Reisbrett ausdenken. Eine Stunde an einem menschenleeren Strand ohne irgendeine Art von Sehenswürdigkeit mag einem aus der Ferne lang genug erscheinen. Vor Ort ist es zu wenig. Es scheint nur ein Moment zu sein, indem man die Augen schließt, den Sand zwischen den Zehen spürt, die Arme ausbreitet und sich der Sonnen entgegen streckt. Man atmet so lang und so tief es geht die salzige Meeresluft ein, öffnet die Augen und muss wieder los.
Sagenhafte Landschaft, gewürzt mit etwas stress und körperlichen Anstrehgungen.
Kajakfahren, errinnert mich auf Tandemfahrten mit meiner Frau. Gott sei Dank , hatten wir nur ein Lenker.
Ob der Kanu gerade fährt, ist vom Steuermann abhängig, o… wie schlau…
http://www.kanuverleih-wriezen.de/paddelkunde.html
Wie war dass nochmal, wer saß hinten??
Ich saß hinten. Bin mir aber sicher, dass das Problem weiter vorne entstanden ist
Wie eben schon erwähnt, die Tourenpläne sind aus Sicht von Vietnamesen gemacht, die eigentlich generell eher in Großgruppen reisen, und bei denen ständig „Action“ sein muss, und das Gefühl, es passiert jetzt was. Die Vorstellung, dass ein Westler sich auch einfach mal auf ein Handtuch legen und ein Buch lesen oder stumm in die Weite schauen möchte, ist diesen Menschen völlig fremd, weil sie selbst nie so reisen würden, selbst vermutlich nie ihr Land verlassen haben und deswegen gar nicht die Möglichkeit haben, zu verstehen, dass andere Leute anders ticken. Die Halongbucht ist das klassische Beispiel. Das beste, was man in Halong machen kann, ist, sich aufs Deck zu setzen und einen Tag lang die Landschaft an sich vorbei ziehen zu lassen. Da würden sich alle vietnamesischen Touristen aber beschweren. Deswegen sehen die Tourenpläne vor: Ankommen. Ausführlich Essen. Einen Strand besuchen. Paddeln. Eine Höhle besuchen. Essen… und so weiter. Strand, Höhle und all das Zeugs sind völlig sinnlose Aktionen, weder schön noch besonders. Das besondere sind die Felsen, an denen man vorbei fährt. Ich kann jedem nur raten, bei einem Besuch in der Halong-Bucht eines der teureren Luxusboote zu nehmen. Da kann man einfach machen, was man will, die fahren ihre eigene Route, komplett weit weg von dem Trubel der Massenbutterfahrten. Die Fenster reichen bis zum Boden und man kann einfach ausspannen. Den Generator hört man übrigens fast überall auf dem Schiff, wenn es so ein kleines Schiff ist. Ihr hattet noch Glück, es gibt auch Kabinen, da riecht man ihn die ganze Nacht. ;))
Genau das war auch unser Eindruck und wir haben uns entschieden erstmal keine geführten Touren mehr zu buchen. Es ist zwar schön bequem sich treiben zu lassen und nichts organisieren zu müssen, aber es schränkt dann doch zu sehr die individuelle Reisefreiheit ein 😊