Wieder mit dem Boot ging es von Gili Nanggu nach Gili Gede. Bei strahlendem Sonnenschein schipperten wir übers Meer und genossen die angenehme Brise. Nach ein paarHundertmetern machte das Boot eine Vollbremsung. Der eine Bootsmann rief dem anderen aufgeregt etwas zu. Plötzlich wendete das Boot. Nanu, wir fuhren wieder zurück. Wir schauten verwundert drein und fragten was los sei. Sie zeigten mit ausgestrecktem Arm aufs Wasser. Einer der Beiden zückte eine Art Angelspeer. Wir reckten unsere Hälse und erhaschten gerade noch einen letzten Blick auf das Objekt der Begierde. „Boah, was für ein Riesending“, riefen wir alle gleichzeitig und lehnten uns halb über Bord. Doch der riesige „Wasauchimmer“ Fisch war zu kräftig und flink. Er entwischte dem Angreifer im Nu. So schnell, dass Jan, der im entscheidenden Moment wieder mal verträumt durch die Gegend geschaut hatte, da stand, aufs Wasser blickte und fragte: „Was gibt`s denn da zu sehen?“. Nach einem einvernehmlichen enttäuschten Raunen und einem Fisch weniger ging die Fahrt weiter Richtung Gili Gede.
Gili Gede ist die Größte der südlichen Gili-Inseln, jedoch so weit im Süden von Lombok, dass wir den Unterschied zu den Gilli Inseln im Norden sofort bemerkten. Bei unserer Ankunft an einem der hafenähnlichen Küstenabschnitte wimmelte es nur so von Einheimischen und Fischern. In unserer Unterkunft dem Yutt’s Flower Paradise hatte wir einen wirklich schönen Garten mit Blumen, grüner Wiese und Papayabäumen. Auch die zwar etwas verschlissenen, aber sauberen Stelzenbungalows aus Holz, waren ganz charmant. Doch die Lage und Atmosphäre waren leider nicht so berauschend. Da von früh morgens bis nach Sonnenuntergang Baulärm von nebenan in unseren Ohren dröhnte. Zudem gerieten wir unter musikalische Dauerbeschallung aus einem Megaphone direkt neben der Anlage. Nicht zu vergessen die auch nur ein paar wenige Meter angrenzende Moschee, die noch mehr als die üblichen fünf Gebetsrufe am Tag abhielt. Wir fühlten uns in der eingezäunten Gartenanlage neben den Einheimischen und ihrem kleinen Dörfchen irgendwie deplatziert und nicht wirklich wohl. Das wurde später noch getoppt, als Jan und ich auf einem abendlichen Spaziergang Richtung Inselspitze auf einen sehr unheimlich wirkenden Indonesier trafen.
Das Szenario spielte sich wie folgt ab: Ich, etwas weiter weg von Jan, da dieser gerade ein Foto von mir schießen wollte, sah erst spät und nur von Weitem, dass Jan sich mit jemandem unterhielt und mich plötzlich hastig herbei winkte. Als ich näher kam fällt es mir nicht sofort auf, doch dann bemerkte ich Jans verstörten Blick und seine angespannte Haltung. Ich schaute mir den Kerl daraufhin nochmal genauer an und dann sah ich es auch. Er hatte doch tatsächlich ein Gewehr im Anschlag. Ich war verwirrt und echt verdutzt. Jan berichtete kurz auf Deutsch, dass der Fremde sich angeschlichen hatte und ganz plötzlich mit dem Gewehr direkt hinter ihm aufgetaucht sei. Dann sagte er: „It`s not good to be here for you.“. Jan wollte nur noch weg. Doch wie so oft in solchen Situationen kapierte ich nicht gleich den Ernst der Lage. Also den Ernst des Risikos und mörderischen Films, den Jan sich sofort schob und bei ihm alle Alarmglocken klingeln ließen. Meine Alarmglocken sind im Vergleich eher kleine Weihnachtsglöckchen. Ich ging also immer noch nicht von etwas Bösem aus. Muss ja nicht jeder Fremde mit Waffe gleich ein Serienkiller sein – oder? Schließlich sind wir in einem fernen Land, wo Dinge auch anders laufen als bei uns. Zudem war es auch noch nicht sehr dunkel. Auf meine bedacht freundlichen Nachfragen zu seinem Gewehr antwortete er dann: „I’m hunting bears.“ Bears? Es gibt doch keine Bären in Indonesien! Schon gar nicht auf dieser kleinen Insel hier. Jetzt kam mir das auch nicht mehr ganz so koscher vor. Als er dann noch wollte, dass wir ihm weiter hinein ins Inland folgten, dachte auch ich nur noch: Nichts wie weg. Während wir auf dem gesamten Rückweg noch von Verfolgungsängsten geplagt wurden und Jan bei jedem einheimischen Mann einen Schritt schneller ging, ist der mysteriöse Jägersmann wohl eher Vögel (bears=birds) schießen gegangen. So erklärte es uns ein paar Tage später zumindest unser neuer Gastgeber. Doch zunächst waren wir heilfroh, unbeschadet zurück bei Kristina und Kevin angekommen zu sein, die nichts ahnend den Sonnenuntergang auf ihrem Balkon genossen.
Nach der Story wollten alle nur noch weg dort.