Yosemite Nationalpark: Der ganze Stolz der Sierra Nevada

Mit über 3000 Quadratkilometern ist der Yosemite größer als das Saarland und zählt zu den attraktivsten Nationalparks des Landes. Der einzigartigen Blick vom Glacier Point über die Gebirgskette der Sierra Nevada mit dem riesigen Half Dome (dem unverkennbarem Wahrzeichen des Parks) lockt jährlich über vier Millionen Besucher an. Die Massiven Felswände aus Granit ziehen Kletterbegeisterte aus aller Welt an und mit den zahlreichen Wanderwege vorbei an atemberaubenden Wasserfällen und alpinen wundervollen Aussichten wurde der Park zurecht 1984 zum UNESCO Weltnaturerbe erklärt. Nachdem wir bereits so viele Nationalparks im Westen der USA besichtigt hatten, waren die Erwartungen an den Yosemite sehr hoch – und wurden tOrden nicht enttäuscht.

Upper Yosemite Falls und Mirror Lake

Das kleine Örtchen Lee Vining ist der östliche Einfallshafen in den Yosemite Nationalpark und führte uns von unserem Schlafplatz am Mono Lake direkt zum Tioga Pass. Wir waren etwas in Sorge, dass die Straße wegen Schnee gesperrt sein könnte, wären jedoch erleichtert als wir das weiße Gold nur noch vereinzelt am Straßenrand sahen. Unsere erste Anlaufstation war das sogenannte Half Dome Village (früher Curry Village genannt) , da sich dort neben den besten Parkplatzmöglichkeiten des Parkes auch die Vergabestation der Campingplätze befand. Wie erwartet waren alle Campingplätze im Park ausgebucht. Wir trugen uns auf eine Liste ein und nahmen somit an der Vergabe für die Campingplätze tel, die zwar reserviert jedoch für den jeweiligen Tag bis 15 Uhr nicht belegt wurden. Der Ranger teilte uns mit, dass das Büro jeden Morgen um 8 Uhr öffnet, jeder hat dann die Möglichkeit sich auf die Liste einzutragen, dann werden die am jeweiligen Tag nicht wahrgenommene Reservierungen um 15 Uhr verteilt, wobei derjenige der zuerst auf der Liste steht den ersten Platz bekommt, der Zweite den zweiten und so weiter. Auf Nachfrage erfuhren wir, dass wir für den Tag auf Platz 27 standen und um 15 Uhr erscheinen sollten. Jedoch war uns da schon klar, dass wir keinen Platz bekommen würden, da wir nicht davon ausgingen, dass 27 Personen ihren vorher reservierten und bereits bezahlten Platz nicht wahrnehmen würden. Wir entschlossen uns dazu die erste Nacht außerhalb des Parks wild zu Campen und am nächsten Morgen unseren Namen gleich auf die Liste schreiben zu lassen wenn das Büro öffnet. Der Tag war schon sehr weit vorangeschritten und wir nahmen den Shuttel-Bus um zum Camp 4 zu fahren und dort einen dreistündigen Hike zum Upper Yosemite Fall zu machen. Die Yosemite Falls sind die größten Wasserfälle Nordamerikas. Besonders zwischen den Monaten April und Juni führen die Wasserfälle aufgrund der Schneeschmelze besonders viel Wasser und stürzen sich umso berauschender hunderte von Metern in die Tiefe des Yosemite Valley. Der Aufsteig war schweißtreibend und wir folgten dem Rat der uns entgegenkommenden Wanderer nicht bis zur Spitzen sondern nur bis zu einerbestimmten Stelle zu gehen. An dieser Sieht man den Wasserfall sehr nah und in voller Pracht. Der weitere Aufstieg führt vom Wasserfall weg und verläuft durch sehr steiles und felsiges Gelände. Nachdem wir genug Wasserfallmagie getankt hatten stiegen wir die 1,5 Meilen wieder ab und fuhren mit dem Shuttel zurück zum Half Dome Village um die Vergabe der Campingplätze nicht zu verpassen. Wie erwartet haben wir keinen der etwas 15 frei gebliebene Plätze bekommen und wussten nicht so recht was wir mit dem angebrochenen Nachmittag machen sollten. Und was machen Pärchen wenn sie nicht genau wissen was sie tun sollen? Genau, sie streiten sich. Da Angélique unbedingt Menschen danach fragen wollte, ob sie uns auf Ihrem Campingplatz schlafen lassen würden und ich komplett dagegen war, rammten wir unsere Köpfe wie zwei sturer Bergziegen so lange gegeneinander, bis beide total erschöpft am Boden lagen. Um die erhitzten Gemüter etwas abzukühlen, fuhren wir mit dem Shuttel zum Mirror Lake. Auf reisen kann man nicht lange böse aufeinander sein. Während man sich im Alltag bei Streitigkeiten aus dem Weg gehen kann, um das Problem Stunden oder sogar Tage später zu lösen, ist man auf reisen aufeinander angewiesen und muss zusammen halten – in Guten wie in schlechten Zeiten. Kaum hat man sich in der Wolle, muss man schon wieder entscheiden wo man als nächstes hinfährt, wo man eigentlich heute Abend schläft oder was es zu essen geben soll. Wir dachten, dass es für uns ein leichtes sein wird, da wir bereits während der Studentenzeit mehrer Jahre in einer 35 qm großen Einzimmerwohnung zusammen gelebt haben und beide sehr harmoniebedürftig sind, noch nie lange aufeinander sauer sein konnten und jeden Streit spätestens am nächsten Morgen beigelegt hatte. Umso mehr sind wir beide erstaunt drüber wie viel es uns abverlangt auf unserer Reise immer wieder über unseren Schatten springen zu können. Wir sind nun seit knapp 9 Monaten unterwegs und hängen 24 Stunden an sieben Tagen in der Wochen gemeinsam ab. Das interessante dabei ist, dass man denkt, dadurch jede Seite seines Partners kennen zu lernen – am meisten lernt man aber über sich selbst.

Der frühe Vogel, kriegt den Campground

Am ersten Abend fuhren wir einfach aus dem Park und steuerten einen Campground an, den wir uns bei allstays.com rausgesucht hatten. Jedoch mussten wir gar nicht soweit fahren, da wir auf dem Weg einen Parkplatz entdeckten, auf dem auffällig viele Camper-Vans geparkt waren. Wir stellten uns einfach dazu und je später der Abend wurde, desto mehr füllte sich der Platz. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker zu einer unchristlichen Zeite, denn wir wollten einer der ersten bei der Campingplatz Vergabe sein. Zwar hatte uns der Ranger darauf hingewiesen, dass sich die meisten schon um fünf Uhr morgen anstellen, jedoch konnte wir das nicht so recht glauben, da das Büro erst um 8 öffnete und wir uns nicht vorstellen konnten, dass jemand um vier Uhr morgens aufsteht um dann 3 Stunden vor dem Büro des Rangers zu warten. Als wir um sieben Uhr am Büro ankamen, konnten wir unseren Augen kaum glauben. Bereits 15 Menschen reihten sich an der Bürotür des Rangers auf. Die meisten saßen auf Campingstühlen, was darauf schließen lässt, dass sie schon etwas länger dort campierten. Von einer Amerikanerin die bereits seit 40 Jahren jedes Jahr in den Yosemite fährt und hinter uns in der Schlange stand, erfuhren wir, dass die Campingplätze fünf Monate in vorraus online reserviert werden können und am Stichtag bereits nach fünf Minuten alle Plätze für das ganze Jahr restlos ausgebucht sind. Verrückt!

Wir ließen unsere Namen auf die Liste schreiben, verstauten unsere Vorräte in den bärensicheren Metallbboxen und brachen zu einem halbtägigen Hike auf. Dem Mist Trail folgend sollte es zuerst zum Vernal Fall und dann noch höher zum Nevada Fall gehen, um den Rückweg über den John Muir Trail zu bestreiten. Der Aufstieg zum Vernal Fall war schwierig jedoch Nichts im Vergleich zu den steilen Granittreppen die direkt am Wasserfall vorbeiführen. Der Wasserfall war zu dieser Zeit so stark, dass unsere Klamotten allein von der Gischt in wenigen Minuten durchnässt werden. Wir konnten kaum etwas sehen und das Wasser floss die steilen Stufen hinab, die wir zu erklimmen versuchten. Eine Mädchen die sich unmittelbar vor uns die Stufen hochquälte brach in Tränen aus, wurde aber von der Mutter unerbittlich immer weiter die Treppen hochgetrieben. Kraftlos schlängelten sich einige Männer und Frauen hinter uns die Treppen hoch. Niemand schien wirklich darauf vorbereitet zu sein. Als wir endlich durch waren, ging der Weg in einen schattigen Waldweg über, sodass wir in Euphorie ausbrachen als wir endlich den Fuß des Nevada Fall erreichten und die Sonnestrahlen endlich unsere Glieder wärmten. Während wir uns auf dem Rückweg darüber freuten, dass wir uns dafür entschiedene den Rundweg über den John Muir Trail zu laufen und nicht nochmal nass wurden, versperrte uns auf einmal ein Ranger den Weg. Der John Muir Trail sei gerade aufgrund eines Felsrutsches gesperrt wurden, teilte er uns mit. Da er eine Waffe im Holster trug und einen grimmigen Eindruck machte, entschlossen wir uns dazu seinen Anweisungen folge zu leisten und den gleichen unbarmherzigen Weg wieder zurück zu laufen den wir bereits gekommen waren. Nach einer zweiten unfreiwilligen Dusche kamen wir etwas abgekämpft wieder am Hauf Dome Village an und bekamen natürlich wieder keinen Campingplatz. Da wir damit wussten, dass unser Schlafplatz wieder ein Baustellenparkplatz direkt an der Straße sein wird, hatten wir keine Ambitionen den Park früh zu verlassen. Wir schlenderten durch das kleine Visitior Center Museum, machten eine kurze Wanderung am Fuße der Lower Yosemite Falls, aßen Bürger im Foodcourt der der Yosemite Lodge und fuhren erst am Abend zu unserem Schlafplatz, der wieder genau so voll war wie am Abend zuvor.

Vom Glacier Point zum El Capitan

Den atemberaubenden Ausblick von Viewpoint des Glacier Points hoben wir uns für unseren letzten Tag im Yosemite Nationalpark auf. Der 2.200 Meter hohe Steilhang aus Granit überragt das Yosemite Valley und liefert unglaubliche Ausblicke auf den Half Dome, Clouds Rest, Liberty Cap, die Vernal und Nevada Falls sowie die umliegende High Sierra. Die einstündige Anfahrt und das rumgekurve um einen Parkplatz zu finden hatten sich ausgezahlt, als wir auf einem der vielen Felsen saßen, den Blick über das Valley genossen und unserem Gerhirn eine kleine Pause gönnten. Die letzten Monate und Wochen waren soll voll von Eindrücken, dass wir merkten wie überreizt wir mitlerweile sind. Nicht zum ersten Mal, aber Mal wieder stellt sich uns die Frage, ob es die richtige Entscheidung war so viel Neues in einem einzigen Jahr zu erleben, anstatt es auf mehrer kürzere und längere Reisen zu verteilen. Den kaum hat man einen wundervollen Platz auf reisen entdeckt, muss man schon zum nächsten eilen, da sich sonst schnell das Gefühl einstellt zu viel zu verpassen. Auch der Glacier Point konnte uns nur für ein Weile in seinen Bann ziehen, bevor wir Richtung Centinel Dome aufbrachen. Auch dieser 2.476 Meter hohe Granitfels, bietet besonders atemberaubende Aussichten auf die Yosemite Falls. Leider stieg ich zu schnell auf, sodass mir die schwindelerregende Höhe einen stechenden Kopfschmerz bescherte. Oben angekommen brach ich zusammen und verlor für kurze Zeit die Orientierung. Angélique legte meine Beine hoch, gab mir Wasser und da wir beide nicht wussten was es war, lag ich eine weile auf dem Granitfels herum, bis ich das Gefühl hatte wieder laufen zu können. Mein Kopf pochte beim Abstieg und am Auto angekommen nahm ich ein paar Kopfschmerztabletten um etwas klar zu kommen. Nach einer Mittagspause entschlossen wir uns mir noch etwas ruhe zu gönnen und legten uns auf eine Wiese am Fuße des sogenannten El Capitan und suchten die knapp 1.000 Meter hohe Felswand nach den winzigen Kletterern ab. Seitdem die Steilwand in den 50er Jahren zum ersten Mal bezwungen wurde, nehmen jedes Jahr Kletterbegeisterte aus aller Welt den mühsamen Weg auf sich. Die meisten brauchen vier bis fünf Tage um den Gipfel zu erreichen und verbringen die Nächte in Felsspalten oder in Hängematten, die sich in der Felswand verankern. Der Powernap auf Mutter Natur grüner Wiese tat uns gut und wir fuhren zum Toulumne Grove Of Giant Sequoias um die riesigen Mammutbäume zu bestaunen. Das Wäldchen ist weniger besucht als der Mariposa Grove, sodass man hier ungestört die Waldriesen auf sich wirken lassen kann. Der Yosemite hat in unseren Augen seinem Namen als einer der beliebtesten Nationalparks des Landes alle Ehre gemacht, jedoch haben uns auch die anderen Nationalparks die wir besucht haben nicht weniger gefallen. Es scheint, dass jeder Nationalpark in den USA einzigartig ist und man immer, wenn man denkt nicht mehr überrascht werden zu können, eines besseren belehrt wird.

 

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