Transportmafia und Geisterfahrer: Von Bangsal nach Teresgenit

Von Gili Air führte der Weg uns mit der Fähre in den Hafen von Bangsal. Im Reiseführer wird dieser Ort als Vorhof zur Hölle bezeichnet. Unzählige Mitarbeite der Transportmafia springen auf das Boot während es in den Hafen einläuft und reißen das Gepäck total überforderter Touristen an sich. So schnell sie können schleppen sie es zum Strand und dann zu einem Geländewagen. Dafür verlangen sie bereits einen hohen Preis, der aber Nichts im Vergleich zu dem ist, was Sie für die Weiterfahrt mit dem Geländewagen erpressen wollen. Offizielle Taxifahrer und auch alle anderen Fahrzeuge dürfen nicht näher als einen Kilometer an das Hafengelände heranfahren. Die meisten sehen also ziemlich schnell keine andere Alternative und werden so langen von Dutzenden von Männern vollgequatscht, beschimpft und bedroht, bis sie schließlich aufgeben und völligst entnervt einen der Schlepper für den Transport bezahlen. Hauptsache weg aus dieser Hölle. Koste es was es wolle.

Roland, der Besitzer unserer Unterkunft in Teresgenit, hatte uns bereits davor gewarnt und uns angeboten den Transfer zur Unterkunft zu organisieren. Zum einen würden wir so der Transportmafia entkommen, zum anderen kennen die meisten Fahrer nicht den Weg zum Rinjani Mountain Garden und schmeißen uns wahrscheinlich irgendwo an der Hauptstraße raus. Wir schlugen ein und bekamen kurz darauf die Anweisungen per Mail. Wir sollten uns bis zum Café Bunga Bunga durchschlagen und dort auf unseren Fahrer treffen.

Sagt niemals, dass ihr nach Teresgenit wollt

Wir erreichten also Bangsal und wurden nicht enttäuscht. Schon von weitem hörten wir die vielen Männer „Taxi, Taxi“, „Free Transport“, „Cheap, Cheap“ schreien. Sie stürmten von allen Seiten das Boot. Griffen sich Koffer und Taschen. Einige waren genauso schlau wie wir und ließen ihren Rucksack auf. Andere schauten verdutzt aus der Röhre, während ihr Gepäck über Board ging. Wir verließen das Schiff und starteten unseren Verneinungs-Marathon.

Nein. Thank you. Tidak. No Transfer. No. No. Thanks. No. No. Nein. Nein. No. No. Tidak. Tidak. Sie liefen uns nach. Versuchten es immer wieder. Beschimpften uns, wenn sie frustriert aufgaben und sich auf den nächsten stürzten. Sagt denen niemals wohin ihr wollt, hatte uns Roland in der Mail ermahnt. Lasst die Gauner einfach Links liegen. Und so liefen wir also wie zwei mürrische Esel immer weiter die Straße entlang, bis wir irgendwann das Café Bunga Bunga erreichten. Ein Dutzend Männer wartete bereits auch hier auf uns. Weniger aufdringlich aber dennoch bestimmt wollten sie, dass wir preisgaben wo wir hinwollen. Sie wollten wissen wer uns abholt. Wollten für uns dort anrufen. Wollten wissen wie wir heißen. Und uns natürlich einen „besseren“ Preis machen.

Die Tricks der Transportmafi sind durchschaubar

Natürlich wussten wir weder wie unser Fahrer heißt, noch wie er aussieht. Also standen wir einfach in der Gegend rum und warteten ab. Da wir nicht direkt alles verrieten, probierten einige der Fahrer stückchenweise an Informationen zu gelangen. Einer fragte uns nach unserem Namen und ging. Ein anderer wollte nur wissen wo wir hinwollen und ging auch. Beide verschwanden in der Ecke der Bar, tauschten sich kurz aus, einer telefonierte. Plötzlich kam ein Dritter durch die Tür. Er kannte unsere Namen und den Ort wo wir hinwollten. Na das muss er doch sein, unser Fahrer – natürlich falsch gedacht. Aber nicht mit uns. Wir haben schon so oft RTL Extra geguckt, dass wir mittlerweile jeden Trick von jedem Trickbetrüger zu kennen scheinen. Wir sagten nur, dass wir in den Osten wollten. Mein Name ist Stefan Gottschalk, Angelique heißt Palina Rojinski. Sobald uns jemand mit Stefan und Palina begrüßt, wissen wir Bescheid.

Die schlimmste Fahrt unseres Lebens

Nach einem kurzen Telefonat mit Roland, erfuhren wir nur, dass unser Fahrer unterwegs ist und unsere Namen kennt. Über eine Stunde später waren wir schon sichtlich nervös. Plötzlich tauchte ein Mann auf. Er stellte sich als Ahmed vor. Ob wir auf den Transport zu Roland warten, fragte er. Er könnte mal anrufen und fragen. Ein weiterer Trick? Bevor wir antworten ist er bereits am Telefonieren. „Roland. Helo. You have two customers waiting here. Whats the problem?“ Er legte auf und sagte, der Fahrer sei auf dem Weg. Keine zwei Minuten später trat ein Mann durch die Tür. Er schaute uns direkt an und sagte: „Roland, right?“ Wir sagten einfach mal ja. Stiegen ein. Was sollten wir auch anderes tun. Okay, er hat unsere Namen nicht gesagt, aber er wusste schonmal den von Roland. Natürlich könnte der andere Kerl ihm das am Telefon gesagt haben. Und jetzt? Wo fahren wir jetzt hin? Wir fragten nochmal nach. Sein Englisch war sehr schlecht. Aber noch viel schlechter war sein Fahrstil.

Er raste die komplette Strecke durch. Wenn auf einer zweispurigen Strasse ein vollgeladener Transporter einen Geländewagen überholte, der gerade dabei war ein paar Roller zu überholen, dann war unserer Fahrer der, der unter dauerhupen nochmal alle überholte und dabei die CD wechselte. Während der Fahrt hörten wir Klassiker wie I will always love you von Whitney Houston, den Titanic-Song von Céline Dion oder Andrea Bocelli mit time to say goodbye. Währenddessen telefonierte unser Fahrer mit der Rechten, hupte weiter fröhlich mit der Linken und rammte Rollerfahrer von der Straße.  Wir krallten uns in die Autopolsterung und hofften, dass wir bald ankamen.

Das letzte Stück befestigter Straße ließen wir weit oben in den Bergen hinter uns. Wir passierten einen ziemlich steilen Abhang und bogen auf einer staubigen Erdstrasse ab. Während ich an Ahmend, das Bunga Bunga Café und Taliban-Entführungen dachte, weil ich immer noch nicht wusste, ob wir im richtigen Auto saßen und sich mir immer noch der Magen vom letzten Überholmanöver umdrehte, schrie unser Fahrer aus dem Nichts: „looki looki there! Villa Roland!“

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