Der Höhepunkt unserer viertägigen Reise auf dem Thakhek Loop war gekommen. Wir wussten zwar, dass die Kong Lor Höhle mit 7,5 Kilometern Länge, bis zu 20 Metern Breite und bis zu 95 Metern Höhe zu den gigantischsten Naturwundern der Welt zählt, jedoch kann man sich dies erst vorstellen, wenn man sie tatsächlich durchquert hat. Als wir die Höhle erreichten, bekamen wir zwei kaputte Rettungswesten und einen funktionierenden Guide. Dieser führte uns vorbei an einem wunderschönen See zum Höhleneingang und begann damit sein kleines Fischerboot fahrtüchtig zu machen. Erst fummelte er fachmännisch am Motor rum, dann begann er das viele Wasser aus dem Boot zu schöpfen. Das wird ja eine super Fahrt, dachten wir uns und hofften, dass unser Kapitän das hier nicht zum ersten Mal machte. Nachdem wir langsam in den schaukelnden Holzkahn gestiegen waren, tuckerten wir auch schon los. Die Dunkelheit der riesigen Höhle saugte uns ein. Der Lichtkegel der Kopflampe unseres Bootsführers sprang hektisch von links nach rechts. Wir fuhren schnell und dicht an Felsen vorbei, die wir nur in letzter Sekunde sahen und kamen an Stellen, an denen das Wasser nur wenige Zentimeter hoch war. Nach ein paar Minuten erreichten wir einen Strand und erkundeten die beleuchteten Stalakniten. Als wäre die Höhle allein schon nicht gruselig genug kroch eine riesige Spinne aus dem Dunkeln auf uns zu. Wir waren etwas unsicher wohin wir gehen sollten, denn der Mann im Boot war bereits weitergefahren und wir hofften ihn irgendwann wieder anzutreffen. Erleichtert sahen wir seine Kopflampe in der Ferne leuchten und erreichten das Boot. Ein paar Fahrminuten später mussten wir mitten in der Höhle aussteigen und durch das Wasser laufen, da es an dieser Stelle zu flach war, um einfach durchfahren zu können. Da wir nichts sahen und auch Gott weiß was im Wasser sein könnte versuchten wir so schnell wie möglich dem Bootsmann hinterherzulaufen um möglichst schnell wieder in dem Holzkahn zu sitzen. Leider war die Strömung sehr stark und wie rutschten auf den Steinen weg.
Falschrum im Boot
Ich verlor mein Flipflop und musste danach Fischen. Angélique rammelte an mir vorbei und setzte sich so schnell wie möglich rein. Leider ein Doppelfail. Denn erstens saß sie auf dem Platz des Bootsmannes und zweitens falsch herum in Richtung des Motors. Unser Guide konnte sich das Lachen nicht verkneifen als ich versuchte Angélique davon zu überzeugen, dass sie so falsch im Boot sitzt wie es nur irgendwie geht. Sie weigerte sich zunächst das Boot erneut zu verlassen um durch das Wasser auf den richtigen Platz zu gelangen, ließ sich dann aber doch darauf ein. Nachdem wir die letzten Kilometer der Höhle passierten und den Ausgang erreichten, fuhren wir weiter den Fluss entlang. Wobei immer wieder Wasserbüffel unseren Weg kreuzten. Wir ankerten auf einer kleinen Insel die fast ausschließlich aus Laub bestand, wanderten etwas sinnlos auf ihr umher und begaben uns wieder zurück ins Boot. Auf dem Rückweg durchquerten wir die Höhle nur mit einem unfreiwilligen Zwischenstopp, als das Boot im seichten Wasser stecken blieb und wir aussteigen und es über die Steine schieben mussten. Wieder zurück, mit festem Boden unter den Füßen, merkten wir, dass wir komplett allein an dem traumhaften See waren, den wir auf dem Hinweg einfach links liegengelassen hatten. Also rein in das kühle Nass und die Ruhe genießen bevor die nächste Touristengruppe um die Ecke biegt. Auf dem Rückweg zum Sabaidee Guesthouse mussten wir erneut die 25 Kilometer lange Baustelle durchqueren. Seitdem Dirk und davor gewarnt hatte, dass wir nicht durchfahren sollen wenn der Tanklastwaagen gerade seine nasse Ladung verteilt, betete Angélique dass wir auch diesmal Glück haben werden. Denn wie so oft hatten wir uns an dem See ein bisschen zu lange ausgeruht und mussten uns beeilen vor Sonnenuntergang in der Unterkunft anzukommen. Wir waren kaum auf der roten Piste und da sahen wir ihn schon.
Schmierseifentod
Ein riesiger LKW mit Tausenden von Litern Wasser gefüllt zwängte sich keine 300 Meter von uns entfernt einen Hügel hinauf. Hinter ihm schoss das Wasser nur so raus und spülte roten Schlamm hinfort. Sofort mussten wir an Dirks Warnung denken, wir sollen bloß nicht hinter dem Tankwagen herfahren, da die Fahrbahn „wie Schmierseife“ sei. Es blieben also zwei Optionen. Anhalten und wer weiß wie lange warten, bis alles wieder trocken ist, um dann im Dunkeln zu fahren, oder ein Überholmanöver riskieren und dabei vielleicht vom Roller zu fliegen? Beides schien mir in dem Moment nicht besonders attraktiv und ehe ich nachdenken konnte, gab ich Gas. Bereits nach den ersten Metern sahen wir dem Schmierseifentod ins Auge, und schlitterten auf dem schlammigen Ton nach links und nach rechts. Als wir uns dem Tankwagen auf wenige Meter genährt hatten, merkte ich, dass es unmöglich war an dem Wasserverteiler vorbei zu kommen, der wie ein Rasensprenger jeden Zentimeter der sechs Meter breiten Straße abdeckte. Der Hinterreifen brach plötzlich aus und ich spürte zum ersten Mal wie fest sich Angéliques Fingernägel in mein zartes Bauchfleisch gruben. Als hätte der Fahrer des LKW unsere innerliche Verzweiflung gerochen, drehte er für einen kurzen Moment das Wasser ab und ich konnte haarscharf rechts an dem Laster vorbeiziehen. Das Wasser schoss wie aus einem Feuerwehrschlauch hinter uns empor als wir die Hand zum Dank in die Luft streckten und den Brummi hinter uns ließen. Während der ganzen Aktion fuhr ich nicht schneller als zwanzig Kilometer pro Stunde, fühlte mich danach jedoch als hätte ich gerade den Endgegner bei The Fast and the Furious platt gemacht.
Zurück im Sabaidee Guesthouse wurden wir mit einem riesigen BBQ-Buffet überrascht, von dem wir jedoch nicht so viel hatten, weil wir uns mit dem französischen Pärchen das wir am Namsanam Wasserfall kennengelernt hatten und die uns seitdem begleiteten, etwas verquatscht hatten. Sobald eine Horde hungriger Backpacker ein Buffet erblickt werden natürlich die Bäuche und Taschen so lange vollgestopft bis nichts mehr rein passt. Wir tauschten Geschichten aus, tranken Bier und schauten am Lagerfeuer so lange in den Nachthimmel bis uns die Augen zufielen. Am nächsten Morgen frühstückten wir ein letztes Mal die besten Croissants die Laos zu bieten hat und fuhren zurück Richtung Thakhek. Diesmal hatten wir sogar das Glück ganz alleine bei der blauen Lagune zu sein und konnten endlich zusammen darin baden. Voller neuer Eindrücke saßen wir am Ufer schauten aufs Wasser und die Bergkulisse im Hintergrund und hatten beide ein breites Grinsen im Gesicht.