The unlucky day: Mit Ethnic Travel zum Cuc Phuong Nationalpark

Bereits beim Aufwachen hatte ich ein komisches Gefühl. Die hohe Luftfeuchtigkeit machte mich müde und die Luft im Zimmer war klamm. Dagegen helfen meistens etwas Frühsport und ein gutes Frühstück. Was definitiv nicht hilft, ist Regenwetter und ein südostasiatisches Touristen-Frühstück. Dies besteht meistens aus fünf Bestandteilen. Kaffee oder Tee, ein Fruchtteller oder Fruchtsaft, Ei (gerührt, gebraten oder als Omelett), Toast mit billiger Marmelade aus dem Plastikpäckchen sowie einem Pfannkuchen. Mal muss man sich entscheiden, mal bekommt man alles. Je nachdem wie das Hotel es wünscht und sich leisten kann. Unser Homestay servierte frisch gebackene Pfannkuchen mit Limette und Zucker sowie einen Becher 3in1 Nescafé. Soweit so gut. Immer noch besser als bei 30 Grad und 100 Prozent Luftfeuchtigkeit heiße Nudelsuppe zum Frühstück.Wir freuten uns auf den Tag obwohl der Himmel mit grauen Wolken behangen war und unser mittlerweile lächerlich unsympathischer Guide Quan bereits rumkasperte, dass wir wegen des schlechten Wetters  wohl einen improvisierten ganztägigen Kochkurs machen müssten. Wir packten unsere Sachen, stiegen in den Bus und der unlucky day nahm seinen Lauf.

Wenn das Auto streikt

Unser Minivan sprang nicht an. Der Fahrer guckte verdutzt und öffnet die Motorhaube. Eine für mich typische Reaktion bei absoluter Ahnungslosigkeit. Wenn das Auto nicht anspringt, erst einmal unter die Haube gucken. Das ist wie ein PC-Neustart nach einer Windows-Fehlermeldung. Nach ein paar Minuten merkten wir an dem Gesichtsausdruck unseres Fahrers, er hatte keinen blassen Schimmer was los ist. Auf Nachfrage erfuhren wir von unserem Guide, dass das Auto wohl kaputt sei. Oh ja…wirklich…das Auto ist kaputt? Na das ist aber eine sehr detailliert Information. Vielen Dank dafür. Nachdem unser Fahrer 20 Minuten lang den Anlasser vergewaltigte, hatten wir keine Lust mehr und stiegen aus. Der Guide des schwedischen Pärchens, das wir am Vorabend kennengelernt hatten und welches mit uns im Auto fahren sollte, organisierte innerhalb von 30 Minuten ein Ersatzauto. Als wir das Auto starten hörten und aus dem Zimmer stürmten, weil es zum Glück ja doch endlich noch weiterging, hatten wir nicht mit Quon gerechnet. Er sagte schlicht; „No, we cannot take this car. They drive a different route”. Geil, danke! –  hier ist dein Abzeichen für den schlechtesten Guide der Welt. Nach zwei Stunden tauchte ein „Automechaniker“ auf und brachte die Kiste innerhalb von weiteren 30 Minuten zum Laufen. Mittlerweile regnete es in Strömen und unsere Laune lag so weit unten in der Kellerecke und gammelte vor sich hin, wie schon lange nicht mehr. Aber: Wir fuhren endlich los.

Mit frischem Mut

Wir freuten uns auf den Cuc Phuong National Park. In dem 22.000 Hektar großem Park sollen mehr als 450 unterschiedliche Tierarten leben. Darunter ein paar vom Aussterben bedrohte Goldkopflanguren, von denen nur noch 60 Stück auf der ganzen Welt erhalten sind. Auf halbem Weg änderte unser Guide den Plan und teilte uns im letzten Moment mit, dass wir zuerst die Bootstour in Kenh Ga machen, danach zum Mittagessen in einem nahegelegenen Restaurant halten und dann erst zum Cuc Phuong Nationalpark fahren. Da wir bereits ein paar Minuten später da waren, konnten wir hier nicht groß was entscheiden und verließen uns auf die Erfahrung von Quan. Er wird schon einschätzen können, dass das hinhauen wird – wie naiv können zwei Menschen sein?

Die Bootstour war ein totaler Reinfall. Ähnlich wie am Tag zuvor dümpelten wir auf einem Ruderboot durch die Kalkfelsen, nur das wir diesmal von mehreren Dutzend Chinesen begleitet wurden, die eine Fotografieorgie und einen Grunzwettbewerb veranstalteten. Als wir nach dem einstündigen Mittagessen weiterfuhren, hatten wir beide das Gefühl, dass es zeitlich schon sehr knapp mit dem riesigen Cuc Phuong Nationalpark werden würde.

Der Guide, der keine Ahnung hat

Endlich angekommen im Cuc Phuong National Park wurden wir zum Primate Rescue Center und danach zum Turtle Conservation Center geführt. Quan erzählte uns, dass wir hier einen einheimischen Guide bekommen werden, der uns mehr über die Tiere und die Arbeit des Zentrums erzählt. Die darauffolgende Führungen lief in etwa so ab: Hier sind Affen. Hier sind Schildkröten. Trotzdem dauerte das ganze fast eine Stunde. Es gab sicherlich noch Tonnen an Wissenswertem zu dem Park und den Tieren zu erzählen, aber unser Guide hatte entweder keinen Bock oder keine Ahnung. Nun gut. Nachdem wir uns durch eine Spende aus dem Affen- und Schildkrötenpark freikaufen und so das Zentrum verlassen konnten, ging es jetzt endlich durch den Cuc Phuong Nationalpark.

Pustekuchen. Denn es ging erst einmal wieder zurück zum Bus und wir mussten weitere 30 Minuten fahren. Als wir ausstiegen setzte bereits die Dämmerung ein und Quan sowie unser namenloser Fahrer rannten mit uns Richtung Dschungel.

Rennt, bevor es dunkel wird

Während wir uns immer weiter durch die Dämmerung den Berg zum 1000 Jahre alten Baum hochquälten erfuhren wir von Quan, dass es nachts im Dschungel sehr gefährlich werden kann und er auch noch nie zuvor nach Einbruch der Dunkelheit diesen Weg gelaufen ist. Wir mussten also rennen, bevor es dunkel wird. Völlig durchgeschwitzt erreichten wir 45 Minuten später einen Baumriesen. Es wäre atemberaubend gewesen, wenn wir etwas gesehen hätten. Und dann merkte unser Guide auch noch, dass der Rundweg gesperrt war und wir die ganze Strecke wieder zurücklaufen mussten. Panik machte sich breit. Denn wir hatten weder Taschenlampen, noch genügend Wasser dabei. Wir tapsten im Dunkeln durch den Dschungel, rutschten weg, wurden von Mücken zerfressen und von anderen Krabbelviechern angesprungen, die wir zum Glück in der Dunkelheit nicht erkannten. Als ich Quan fragte, ob wir es denn zurück schaffen oder im Dschungel schlafen müssen, kam keine Antwort. Wie auch, er war viel zu sehr damit beschäftigt nicht auf die Fresse zu fallen. Alle waren genervt. Lediglich unser Fahrer tauchte auf einmal freudeströmend hinter uns auf und präsentierte uns eine Riesenkrabbe, die er in den Tiefen des Dschungels erbeutete. Er wollte sie unbedingt mitnehmen. Wir fragen uns bis heute noch, war er damit gemacht hat.

Als wir über eine Stunde später endlich ankamen, war außer uns keiner mehr da. Wir schafften es eine Vietnamesin zu überreden den Laden zu öffnen, um uns zwei Flaschen Wasser zu verkaufen und stiegen in den Bus. Unser total übermüdeter Fahrer raste die dreistündige Strecke zurück zum Homestay, wo sich die meisten Bewohner schon bettfertig gemacht hatten. Wir spachtelten lautlos unser Abendessen in uns hinein und rollten uns in der Embryonalstellung im Bett zusammen. Das leise Schluchzten von Angélique machte mich müde und ich schlief irgendwann ein. Am nächsten Morgen kam Quan an unseren Frühstückstisch und sagte: „Sorry guys, yesterday was an unlucky day.“ – und dann stellte er zwei große Teller Nudelsuppe auf den Frühstückstisch.

7 Comments

  • Diggerdent sagt:

    Damit hast du mich! :-)

  • Andrej sagt:

    Sehr sehr traurig, aber wichtig ist, euch ist nichts passiert.
    Ist jetzt klar, warum trinkgeld mitten auf dem Fluß verlangt wird. Freiwillig gibt da wohl keiner was. Gute Bewertung bereits abgegeben?
    Übrigens, den Baum könnt ihr auf Instagram bei Kristuscha anschauen. Scherz…

  • Tatjana Eisenkrein sagt:

    O😯 Sehr sehr trauriges Kapitel. Hoffentlich ging es dann doch besser weiter?

  • David sagt:

    Ihr habt euch vermutlich weniger amüsiert, aber den Text zu lesen war großartig. Und in mehrfacher Hinsicht so wunderschön typisch vietnamesisch. Den Einheimischen fehlt es leider sehr weitestgehend am Verständnis dafür, was Westler von einem Ausflug erwarten. Cuc Phuong kann man eigentlich am besten erleben, wenn man auch eine Nacht dort bleibt, ansonsten ist das Gelände einfach zu groß. Aber viele Tourenanbieter bieten halt Touren an nach dem Motto: Hinfahren-Foto machen-Auf Facebook hochladen. 😉

  • Andrej sagt:

    Ab heute werde ich alle unglückliche Tage “ Hühner Suppen Tag “ nennen

  • sorry, aber ich lach mich auch grad scheckig. hatte noch nie einen tourguide, das war wohl auch gut so! 😉 euer Blog ist wunderschön und die Fotos sind grandios! lg aus Nha Trang – das ist die russische Stadt in Vietnam – am besten einen ganz großen Bogen drum rum machen.

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